Thomas Dick im Interview
Tischtennis-Berufstrainer Thomas Dick initiiert Zusammenarbeit/Kooperation und vernetzt Vereine, damit diese gemeinsam mehr erreichen als allein
Thomas Dick, 60, leitet das gleichnamige Tischtennis-Institut, eine von ihm 1995 gegründete Weiterbildungs- und Trainingsinstitution, die in Deutschland, der Schweiz und Österreich aktiv ist. Durch seine tägliche Praxis weiss er, wie schwierig die derzeitigen Bedingungen vieler Vereine hinsichtlich der Sicherstellung ihrer eigenen Zukunft sind. Viele Anforderungen und Probleme beschäftigen die zumeist ehrenamtlichen Verantwortlichen. Deshalb setzt er sich mit vielen Alternativen in Bezug auf Veränderungsnotwendigkeiten vor Ort auseinander und bietet praxistaugliche Kooperationen an. Unter anderem mit dem Vereins-Entwicklungsprojekt „Profi-Töre“ führt er fünf Vereine einer Region zu einem dreijährigen Projekt zusammen, um sie dann zur gemeinsamen Weiterarbeit zu befähigen und Ihnen die entsprechend positiven Entwicklungswege aufzuzeigen.
Thomas, Du hast das Vereins-Entwicklungs-Projekt „Profi-Töre“ bereits vor über 15 Jahren ins Leben gerufen. Was ist die Idee dahinter?
Die Kernidee ist, den massiven Mitgliederrückgang unserer Sportart zu stoppen, eine Trainings- und Weiterentwicklungskultur in Vereinen zu etablieren, dass die resilient macht und zu vermitteln, dass dies nur gemeinsam und kooperativ gelingen kann. Ebenso ist eine entscheidende Frage für mich, wie Tischtennis-Vereine eine größere gesellschaftliche und innerorganisatorische Relevanz, eine bessere Wahrnehmung, wie unsere Sportart ein deutlich besseres Image erreichen kann. Die vielen verschiedenen Ursachen und Gründe hierfür können jedoch in aller Regel nicht alleine aus der Welt geschafft werden – das ist Utopie. Es geht nicht mit dem bisherigen Vereins- oder Verbandsegoismus oder rückwärtsgewandtem Denken – dies ist eine Sackgasse. Es braucht Instrumente, die in der sauberen Analyse der vergangenen und noch nachwirkenden, aber auch aktuellen und künftigen Probleme, Klarheit über praxiserprobte und funktionierende Lösungswege bringen. Und diese sollten auf unsere Vereine und Spieler(innen) ausgerichtet sein. Aber selbst wenn wir – als professionelles Unternehmen – mit unseren unterschiedlichen Angeboten zu hundert Prozent nachhaltig agieren würden, wäre dies in unserer Sportart in einzelnen Regionen nur wenig an Veränderung. Da müssten schon alle Vereine einer Regionen mitmachen – oder zumindest die meisten. Und so beginnen wir mit fünf Vereinen, in einem „Mikrokosmos“, mit der Weiterentwicklung dieser Vereine. Es ist ein Anfang … aber einer, der möglicherweise auch Vorbild-Wirkung erzeugen könnte.
Wie viele machen denn wann und wo mit?
Wir haben im 1. Halbjahr 2023 einen Projektbeginn in 2024 ausgerufen und bis 30. Juni 2023 interessierte Vereine in Deutschland in einem Interessenten-Pool gebeten, uns Ihr Interesse zu siganlisieren. Mehr erst einmal nicht. Wir wollten uns eine Übersicht verschaffen, in welchen Regionen interessierte Vereine auf Suche nach Weiterentwicklung sind. Es sind schlussendlich an die 30 Vereine geworden. Im zweiten Halbjahr steht nun für die jeweiligen Regionen dieser Vereine eine Informations- und Bewerbungsmappe mit vielen Informationen bereit, die wir bereits an die in unserem Interessenten-Pool registrierten Vereine verschickt haben. Bis 30. November 2023 haben dann alle weiter interessierten Vereine dieser Regionen Gelegenheit, sich für einen Anbahnungs-Fahrplan in der 1. Jahreshälfte 2024 unverbindlich zu bewerben. Dieser beginnt mit einer „Kick-Off“-Veranstaltung im Januar 2024. Dort wo wir mindestens 5 Vereine einer Region für die Annäherung an das Projekt durch eine Bewerbung gewinnen könnten, wird Tischtennis dann möglicherweise an Relevanz gewinnen.
Relevanz wofür?
Tischtennis kämpft mit den gleichen Herausforderungen wie andere Sportarten überall in Deutschland (außer Fußball, Tennis, Golf, dem Deutschen Alpenverein und zwei bis drei anderen Sportarten in den TOP 15 der mitgliederstärksten Sportarten): fehlende Anerkennung als komplexe Sportart, massiver Mitgliederverlust, Bedeutungslosigkit in Politik und Gesellschaft. Dazu gehört in aller erster Linie, Lösungen für den Mangel an qualifiziertem Trainer(innen)-Personal und der Ehrenamtlichkeit in Vereinen zu suchen und Lösungen dafür anzubieten bzw. Vereinsverantwortliche in diesen Bereichen zu schulen. Trainingsmöglichkeiten schafft man durch Argumentation, das Gleiche gilt für Vereine, die sich noch immer der Digitalisierung verweigern. Dafür braucht es überzeugende Kooperationen. In vielen Vereinen entstehen zwar Ideen, nur werden diese nicht geteilt und daher nie flächendeckend realisiert. Wir müssen weg von Lösungen, die Vereine mit großem Aufwand nur für sich selbst erarbeiten, die am Schluß aber wenig effektiv sind. Wir brauchen Lösungen für unsere Sportart, die anerkennungs-gesellschaftlich Bedeutung haben. Und Mitglieder bringen …
Was erwartest Du durch die Vernetzung?
Bisher arbeiten Vereine in Deutschland i.d.R. alleine vor sich hin – überwiegend jedenfalls. Dabei ist oft ein mehr oder weniger starker Defätismus zu beobachten und wahrzunehmen. Das birgt die Gefahren von Demotivation, Realitätsverlusten, Kreativitätseinbussen, Abhängigkeiten, usw.. Auch zu solch abstrusen Bedingungen, dass beispielsweise alle Traineraspirant(inn)en, die von einem Verein kommen, glauben, sie könnten/dürften/müssten nur für ihren eigenen Verein arbeiten, wenn sie ihre Prüfung erfolgreich abgelegt haben. Überwiegend wird dies sogar vor Ort erwartet. Was dies für die Mangelsituation an qualifizierten Trainer(innen) in allen Vereinen und andere weiche Faktoren bedeutet, ist klar. Zudem gibt es keine Ausbildung für Trainer(innen) im Erwachsenenbereich oder auch eine Ausbildung, um den “Job” des Trainers/der Trainerin dann auch tatsächlich als Beruf ausüben zu können. Mit dem überall sichtbaren Ergebnis in den Hallen. Unser Projekt fängt vor allem diese Mangelsituation ab. Alle Vereine, die sich an einem späteren Projekt beteiligen, erhalten professionelles Training und professionelle Organisationsbetreuung durch uns. In der Halle arbeitet durch die Woche ein qualifizierter Tischtennis-Berufstrainer, der von uns eingesetzt und geplant wird. Parallel dazu entwickeln wir alle beteiligten Vereine durch regelmäßig alle zwei Monate stattfindende Meetings und durch Permanentbetreuung. Dies würde Tischtennis in der Region in vielerlei Hinsicht verändern.
Warum interessierst Du Dich als Trainer für solche Themen?
Trainer(innen) haben bei qualifizierter und guter Arbeit einen enormen Einfluss auf die Akzeptanz und Anerkennung der Sportart und des jeweiligen Vereins. Sie vereinen – bei guter Ausbildung und Weiterentwicklung – viele Kompetenzen, von denen Vereine in allen Bereichen profitieren können. Wer erfolgreich (im Sinne von Existenzsicherung und Weiterentwicklung) sein will, kommt an der Mitglieder-Situation im deutschen Tischtennis und dem damit stark zusammenhängenden Aspekt der qualifizierten Trainerbeschäftigung, die für Mitgliederanwerbung und -bindung ein wichtiger Faktor ist, nicht mehr vorbei. Durch meine tägliche Arbeit in ganz Deutschland (und teilweise der Schweiz) sehe ich praktisch jede Woche, wie Vereine und Clubs ihr Potenzial ungenutzt lassen oder ineffektiv arbeiten, weil wenig oder zu selten zeitgemässes Know-How vor Ort ist … mit allen Folgen für die Motivation Ihrer Spieler(innen), für Finanzen, Ihre Anerkennung und Ihre Bedeutung vor Ort. Bei einer nicht unerheblichen Zahl ist die Zeit vor etwa 20 Jahren und mehr stehengeblieben. So wird unsere Sportart in weiteren prognostizierten 20-25 Jahren nicht mehr existieren! Die gesellschaftliche Relevanz, die sich Vereine heute erarbeiten müssen (und nicht auf sie warten können!) entscheidet künftig auch über unsere Existenz. Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit …
Was folgt für Dich dieser Überzeugung?
Ich möchte vermitteln und Vereine und Ihre Verantwortlichen erleben und spüren lassen, dass es besser ist, auf Kooperation statt Konkurrenz zu setzen, auch wenn das in der „Idee des deutschen Vereinswesens“ bislang noch nicht vorgesehen ist. Konkurrenz im Wettkampf ist ok, aber in Vereinsentwicklung (und dazu gehört eben auch qualifiziertes Training in allen Altersbereichen) sollten alle zusammenarbeiten. Wir hantieren ständig mit Leistungskennzahlen, TTR-Werten, Schutzrechten, „Good-Governance-Vereinbarungen“, Vereins-Wettbewerben, wer der beste Verein in welchem Bereich ist und sind ständig Bewertungen ausgesetzt. Dem folgt aber bei der Mehrheit aller das Streben nach (meist unrealistischem) Erfolg, weil die Nachteile dieses Bewertungsklimas nicht gesehen werden. Erfolg aber kann vor allem gemeinsam erreicht und erlebt werden. Und wie wenig die momentanen Rahmenbedingungen, die von Verbänden kommen, kritisch hinterfragt werden, zeigt, dass dies nicht in unserer DNA liegt. Wir haben dies nicht gelernt …
Wie soll sich das ändern?
Zunächst: es wird sich ändern müssen, schon weil die dramatische Mitgliedersituation und das unterirdisch schlechte Image unserer Sportart es verlangt. Vor allem junge Menschen wollen eine sinnstiftende Arbeit und nur ein Vereinsname allein reicht dazu nicht mehr aus. Wir müssen Gutes tun und uns entsprechend bewegen, das Gute und Sinnvoll darstellen. Für Gönner, Mäzene oder sonstige Sponsoren ist es z.B. heute von entscheidender Bedeutung, dass ein Verein sinnstiftend, gut organisiert und zielorientiert unterwegs ist. Und selbstverständlich für Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren wollen, ebenso.
Das Projekt „Profi-Töre“
In Deutschland verliert Tischtennis seit 33 Jahren kontinuierlich jedes Jahr Mitglieder. Ende 2023 wird gegenüber dem durchschnittlichen Jahresverlust ein erhöhter Verlust erwartet. Dafür ist nicht nur die zu Ende gegangene Pandemie verantwortlich … Die Zahlen aus Deutschland sind alles andere als beruhigend: der deutsche Tischtennis-Sport verlor seit 1989 bis heute rund 285.000 Spieler(innen). Ende dieses Jahres wird die Zahl möglicherweise erstmals unter 500.000 sinken. Die Gründe hierfür sind vielfältig … aber sie liegen auf der Hand. All dies wird in den kommenden Jahren zunächst nicht sofort, aber langsam erkennbare Auswirkungen auf alle Vereine in Deutschland haben … Kosten, Organisation, Motivation, Überleben … Der Erfolg von Tischtennis-Vereinen und -Clubs hängt heute wesentlich davon ab, dass Vereine schnell und unkompliziert auf allgemeine Trends in unserer Gesellschaft reagieren und sich „zukunftsfest“ (resilient) aufstellen. Dazu ist Veränderung notwendig, muss “Altes” losgelassen werden. Der gesamten negativen Mitglieder- und Organisationsentwicklung könnte ein Umdenken entgegenstehen, da sich ansonsten die eigene Existenz als Verein überholt. Insbesondere ein Umdenken zu besseren Strukturen und Bedingungen im eigenen Verein, die durch eine individuellere Angebotsstruktur (insbesondere im Training), „buntere“ gesellschaftliche Mischung von potentiellen Mitgliedern, einem härteren Wettbewerb um Mitglieder mit anderen Sportarten und Freizeitaktivitäten, u.v.a. gekennzeichnet ist, ist zukunftsweisend. Es sind Dinge erforderlich, die einzelnen Clubs und Vereinen oft aus unterschiedlichen Gründen schwerfallen, die allerdings auch genau deshalb die Existenz von Clubs und Vereinen bedrohen. Deshalb heißt das Gebot der Stunde: Zusammenarbeit und Kooperation! Das professionelles Projekt „ProfiTöre“ bündelt diese Probleme und führt Lösungsansätze – insbesondere über qualifiziertes Training für alle Spiel- und Altersklassen und professionelle Organisationsbegleitung sowie die Interessen von maximal 5 Vereinen/Clubs einer Region zusammen. Zum Vorteil der beteiligten Vereine! Alle Informationen zum Projekt unter https://www.tischtennisinstitut.eu/fuer-vereine-clubs/vereinsentwicklung-projekt-profitoere/
Tischtennis-Institut Thomas Dick
Das Tischtennis-Institut Thomas Dick wurde 1995 in Lübeck gegründet und ist eine professionelle Institution für Weiterbildung/Training/Schulung/Seminare und Change-Management im Tischtennis. Es hat das umfangreichste Angebot an Trainings- und Weiterentwicklungs-sowie Beratungs-Angeboten für Vereine und Spieler(innen) in Deutschland.
Mitarbeiterzahl: 5
Firmensitz: 79856 Hinterzarten/Hochschwarzwald