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Tischtennis-Trainer-Mangel verschärft sich weiter

Das Problem des qualifizierten Trainermangels in unserer Sportart existiert nicht erst seit Corona und verschärft jetzt ernsthaft u.a. den Mitgliederverlust in unserem Sport. Dieses wichtige Problem können wir aber nur selbst lösen.

Die Coronazeit zwang und zwingt Vereine und ihre Verantwortlichen zum Improvisieren – z.B. Sportangebote im Freien durchzuführen. Das ist allerdings etwas, was für unsere Sportart mit den bisher bekannten Strukturen nicht sinnvoll möglich ist.

In allen Bundesländern und ihren Tischtennis-Landesverbänden herrscht ein eklatanter und existenzgefährdender Mangel an qualifizierten Trainer(inne)n … in den Nord- und Ostregionen Deutschlands ist dies gar so gravierend, dass nicht nur Vereine ihre Angebote reduzieren oder danach – mehr früher als später – von der Landkarte verschwinden. Es droht auch ganz offenkundig in der nahen Zukunft möglicherweise einem ersten Bundesland demnächst das Szenario, keine adäquaten Nachwuchsligen mehr im Mannschaftsspielbetrieb zu haben.  

Das sind “nur” die offiziellen Zahlen des DOSB. Nimmt man die in der ebenfalls “offiziellen” Zahlenstatistik von MyTischtennis geführten Zahlen als Vergleich, ergäbe sich ein Bild, dass darauf schliessen liesse, dass die Hälfte der hier vom DOSB geführten Mitgliederzahlen gar nicht im Spielbetrieb gemeldet wäre … (was als sehr unwahrscheinlich erscheint)

Massiver Trainermangel in einer Randsportart? Was bedeutet das?

Es kommt immer darauf an, von welchem Standpunkt aus sie betrachtet wird: Wir wissen alle, dass populäre Sportarten kein Problem haben dürften, kompetente und gut ausgebildete Trainer(innen) zu verpflichten. In Randsportarten wie Tischtennis und ihren untersten bis mittleren Ligen, geschweige denn im Nachwuchsbereich generell, sieht das schon anders aus. Gruselig anders. Mittlerweile sind wir – so bitter es klingen mag – bei einem Großteil der Vereine im Standard „Wir sind froh, wenn sich der Hausmeister, Eltern oder ältere Vereinsmitglieder bereit erklären, die Halle aufzuschließen und Beschäftigungstherapie halbwegs verlässlich und zur festen Freude der Kinder „geräuschlos“ anbieten“ angekommen. Hauptsache, die Trainingszeit findet überhaupt statt, … weil ansonsten ja auch neben dem Verlust der Spieler(innen) auch ein Verlust der entsprechenden Hallennutzungszeit droht! Und die wenigen verbliebenen lizensierten Trainer(innen) sprechen hinter vorgehaltener Hand über ihre zwischenzeitlich defätistische Grundstimmung und -haltung.

Das kann weiter zu einem existenzgefährdenden Thema werden …

Es spricht sicher vieles dafür, dass sich das Problem der fehlenden Trainingsqualität im Tischtennis seit Corona wie eine „Virusvariante des Mangels“ ausgeweitet hat. Massiv ausgeweitet hat. Und dass es durch verschiedene andere aktuelle und konkrete Krisen noch weiter beschleunigt wurde, ohne dass bereits ein „Schmelzpunkt“ erreicht ist. Dieses Problem schmilzt allerdings nicht wieder einfach so dahin, wie es durch die Pandemie gekommen ist. Es löst sich auch nicht von selbst auf. Dieses Problem des qualifizierten Trainermangels im Tischtennis  existiert – wenn wir alle zusammen ehrlich sind – nicht erst seit Beginn der Corona-Krise und deren Krisenrhetorik drumherum.

Bereits 2005 und den umfangreich empirisch erhobenen Daten für den ersten sog. „Sportentwicklungsbericht“, der im Auftrag der DSH Köln unter der Leitung des Kölner Sportwissenschaftlers Prof. Dr. Christoph Breuer angefertigt wurde, wissen wir: Es gibt eine prekäre Situation, was die Bereitstellung nicht vergüteter Arbeitszeit durch Mitglieder in Sportvereinen (sprich: freiwilliges ehrenamtliches Engagement) angeht. In dieser groß angelegten Befragung von Vereinsverantwortlichen wird nämlich „Bindung/Gewinnung Ehrenamtlicher“ als Problem Nummer eins nominiert. Und hier liegt weiterer Sprengstoff: Keine Ehrenamtlichkeit = Keine Vereine = Keine Sportart und keine Trainer(innen) mehr. Und alles bedingt sich gegenseitig. Niemand würde das heute in Frage stellen. Ganz im Gegenteil: Die Vereine werden immer hilfloser … https://www.tischtennisinstitut.eu/weisse-fahne-oder-handtuch/.

Genauso gibt es aber natürlich keinen theoretischen „Grad der Sättigung“, wonach ein Verein genügend bzw. zu viele Ehrenamtliche am Start hat und „Überflüssige“ gar an andere Sportvereine „abgeben“ könnte. Aber es gibt Vereine, die zeigen, wie man dies verhindern kann … und die die Zeichen der Zeit erkannt haben.

Das Problem in unserer Sportart können wir grundsätzlich nur selbst lösen. Wir müssen bereit sein, voneinander zu lernen und uns fragen, warum die Kombination von bezahlter, gut qualifizierter Arbeit im Trainingsbereich und Aufgaben, die Ehrenamtliche in der Regel übernehmen, nicht möglich sein soll? Hier könnten sogar Arbeitsplätze entstehen …

In einer komplexen und komplizierten Sportart wie Tischtennis ist kommt der sozialen, emotionalen und fachlichen Expertise von Trainer(innen) enorme Bedeutung zu

Dass es derzeit kaum bis keine Trainer(innen) gibt, ist nicht nur ein strukturelles Problem. Es wird vermutet, dass es ausreichend fachliche Kompetenz gibt. Allerdings nicht mehr – verständlicherweise – zum „Ehrenamts- oder „0“-Tarif“. Deshalb dürfen auch die Fragen danach, wie viele lizensierte Trainer(innen)/Trainer bereit wären, für ein angemessenes, wertschätzendes und ihrer möglichen Qualifikation und Erfahrung entsprechendes Honorar nebenberuflich für einen oder mehrere Vereine zu arbeiten, kein Tabuthema mehr sein? Wir müssen uns fragen, wie viele Trainer(innen)/Trainer bereit wären, auch einen Vollzeitjob als Trainer(in) auszuüben und einen oder mehrere Vereine zu betreuen und für sie zu arbeiten? Und was uns das als wichtige, wenn nicht sogar die wichtigste Stütze und Säule beim Verhindern des Aussterbens unserer Sportart wert wäre? Wäre es überhaupt etwas wert? Wären wir bereit, Vereinsegoismus zugunsten von Kooperation und Zusammenarbeit aufzugeben?

Vereine sollten auf „andere und zielorientiertere Unterstützung von National- und Landesverbänden, Landessportbünden, Kommunen und – und das ist besonders wichtig – von den letztlich Partizipierenden einer qualifizierten Trainer(innen)-Beschäftigung“ pochen! Nicht hoffen! Pochen und Organisieren! Und in Vereinen Trainingsstrukturen schaffen, in denen es die unterschiedliche Möglichkeiten  gibt, seiner Motivlage entsprechend zu trainieren und qualifiziert trainiert zu werden. Das dann bitteschön aber auch zu unterschiedlichen Tarifen, zwischen denen alle wählen können. In einer sich zunehmend individualisierenden Gesellschaft wäre es nur folgerichtig dies zu tun – so gerne und verständlich man auch dem romantischen Grundgedanken der solidarischen Finanzierung durch alle (für wenige), die unter qualifizierter Anleitung trainieren wollen, nachhängt.

Aber auch selbstinitiativ bei der Mittelbeschaffung sein und alle dafür vorhandenen Fördertöpfe und -möglichkeiten anzugehen und weitere ehrenamtliche Hilfe und Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Alle konstruktiv-kreativen Lösungen sind dazu da, auf den Prüfstand zu kommen. „Die Basis“ sollte also verstehen und annehmen, dass nur ein nachhaltiges bzw. gewinnbringendes Organisieren des eigenen Vereins verhindert, dass unsere Sportart und sie selbst verschwinden.

Übrigens melden die  ersten Institute für Sportwissenschaft in Deutschland jetzt rückläufige Zahlen, was die „Erstsemester“ mit dem Fach Sport betreffen. Es wird also in Zukunft für alle (noch vorhandenen) Trainerinnen und Trainer im Tischtennis nicht leichter, sich z.B. mit Nachwuchs zu beschäftigen, der mehr braucht als fachliche Expertise. Und weil es nicht leichter wird, sollte Vereine und Verbände schnellstmöglich Lösungen für diese Problematik finden.

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